Der Straftatbestand der Untreue im Lichte eines neuen städtischen Compliance-Regelwerks

Karlsruhe/Gelsenkirchen. Der Untreuetatbestand hat seit der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung eine Veränderung erfahren. Die außerordentliche Weite des Tatbestandes, der sich aus Missbrauchstatbestand und Treubruchtatbestand zusammensetzt, wird danach von seinem Nimbus der dunklen Wolke befreit, die über allen Handelnden in Vermögensangelegenheiten schwebt, weil Untreue immer passe. Diesen Hintergrund hatte ich mitgedacht, als ich den Artikel schrieb, der Untreuetatbestand brings.

Das Bundesverfassungsgericht möchte die Anwendung des Untreuetatbestandes auf die Fälle klarer und deutlicher Fälle pflichtwidrigen Handelns beschränkt sehen.

Fragt sich nur, was damit gemeint ist? Was ist in diesem Sinne evident?

Nun, das zu klären, ist der Staatsanwalt die hierzu berufene Instanz. Er hat als offizielles Organ der Rechtspflege die Aufgabe zu fragen, ob Pflichten aus bestimmten Rechtsbereichen (hier: des SGB VIII etc.) verletzt wurden, die bezogen auf den Untreuetatbestand die Grenze zur Strafbarkeit überschritten haben.

Justizia eingebunden in ein Compliance-Regelwerk mit KorruptionsbekämpfungsG NRW

Sicher ist in diesem Zusammenhang, dass die Frage des Nachteils beim betreuten Vermögen, einen erheblichen Prüfprozess mit sich bringt. Darin inkludiert ist die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung, wonach „lediglich die Verletzung solcher Pflichten, bei denen die Betreuung fremden Vermögens eine Hauptpflicht zumindest innerhalb eines sonstigen Pflichtenbündels darstellt“, als evident angesehen wird.

In die Zukunft gedacht, könnte dieser Themenkomplex für den Arbeitskreis Compliance, der im zweiten Quartal 2016 erste Ergebnisse seiner Arbeit liefern will, von wesentlicher Bedeutung sein. Strafrechtler sind nämlich der Meinung, dass Compliance-Regeln einen strafbegründenden Charakter haben. „Interne Compliance-Regelwerke können daher eine Untreuestrafbarkeit erst begründen.“ (Michalke, StV 2011, 245 u.a.)

Eine solche Auffassung im Bereich der zu beachtenden Hauptpflichten setzt eine große Verantwortung der für Korruption zuständigen Stelle (hier: Dez. 14) mit entsprechender Weitsicht voraus. In diesen Fällen dürfte eine fachspezifische Beratung durch die Aufsichtsbehörden durchaus anzuraten sein, da kaum anzunehmen ist, dass sich die Rechnungsprüfer mit den deliktischen Hintergründen eines Compliance-Regelwerkes zur Genüge auskennen werden.

Natürlich sollte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Korruptionsbekämpfungsgesetzes NRW seit 2004/05 – und seine fehlende Umsetzung im Rahmen des Jugendamtskandals – die vergleichbare Bedeutung haben.

Tricksen, Täuschen, Tarnen im Rathaus

Gelsenkirchen. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass mein letzter Artikel zum Start der Sommerferien den Begriff „tarnen“ enthält.

In vorherigen Artikeln hatte ich einerseits auf den Trick von Rechtsdezernent Dr. Schmitt hingewiesen, die Opposition im Aufklärungsausschuss AFJH mit dem Argument zu malträtieren, bei der Regelung von lediglich drei Seiten für Sondervoten handele sich um eine angemessene Umsetzung einer entsprechenden Regelung des Untersuchungsausschussgesetz NRW – „in gedrängter Form“.

Andererseits hatte ich über Oberbürgermeister Frank Baranowski in der darauf folgenden Ratssitzung am 07.07.2016 berichtet, der auf Nachfrage von Hr. Akyol (WIN) eine entsprechende Anwendung des Untersuchungsausschussgesetzes NRW brüsk mit der Bemerkung ablehnte, hier im Rathaus wird nur die Gemeindeordnung NRW angewendet und sonst nichts. Die Dreiseiten-Regelung darf – auch unter Hinweis auf die Begründung des OB, es handele sich hierbei gegenüber dem HSH II-Ausschuss um eine Verbesserung und damit ein tolles Angebot der SPD – damit getrost insgesamt als Täuschung angesehen werden.

Drei Katzen im Interview…

Diese Handlungstrias zur vorzeitigen Auflösung des Aufklärungsaussschusses rund um den Jugendamtskandal erinnert schon sehr an die von OB Baranowski in einem Fernsehinterview des WDR geäußerte, wobei er vom „Tricksen, Täuschen, Tarnen“ der Jugendamtsleiter Wissmann/Frings sprach.

Wenn wir bei dem aktuellen Geschehen wieder an diese Trias denken müssen, lässt das weitere Spekulationen zu.

Ab Minute 10 wird deutlich wie Träger mit stationären Unterbringungen Geld verdienen können, weil Jugendämter froh sind, dass sie die Kinder dort loswerden können. 65.000,- Euro im Jahr zahlt das Jugendamt.

Heinz Buschkowsky: Ich würde den Trägern nicht die freie Entscheidung überlassen. (28. Min.) Denn der Träger wird immer feststellen, dass genau diese Einrichtung weiterhilft, die ihr zugeordnet ist. Man müsste das ganze System wieder zurückdrehen. Aber drehen sie in einer Gesellschaft mal etwas um; vor allem wenn Geld daran hängt.

Die Träger wollen ihre Heime voll haben. (37. Min.)

Stadt misst mit zweierlei Maß bei Kosten zum Akteneinsichtsrecht

Gelsenkirchen. Dass, wie die WAZ berichtet, ein Akteneinsichtsbegehren einer Kommunalpolitikerin vor dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht in der Bäderfrage mit anschließender Kostenübernahme durch die Stadt erstritten wurde, finde ich insofern ungewöhnlich, als nichts darüber gesagt wurde, warum dieses kostenträchtige Verfahren überhaupt notwendig war.

Denn: Auch Kommunalpolitiker haben ein Recht darauf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) NRW zu verlangen. Dabei haben mir im Jugendamtsskandalgeschehen die beiden zuständigen Beamtinnen der Aufsichtsbehörde des LDI NRW so gut wie immer zum Erfolg verholfen, in dem sie bei Weigerung der Behörden – in Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne – kurzerhand zur Tat schritten und als zuständige Fachaufsichtsbehörde den kommunalen Mitarbeitern ihre Rechte und Pflichten aus dem IFG NRW näher darlegten.

Stadt GE: Keine Gleichstellung bei Kostenübernahme im Fall der Akteneinsicht zwischen Bürger und Stadtverordnete?!

Nur in einem Fall, musste ich Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einreichen; weil die Stadt Gelsenkirchen für eine Akteneinsicht meine Gebührenbefreiungsvoraussetzungen nicht akzeptierte und eine horrend hohe Gebühr für die Akteneinsicht verlangt. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, womit ich mich gegen diese Ungerechtigkeit richte, steht noch aus.

Wieso die Stadt Gelsenkirchen im Fall der Stadtverordneten Monika Gärtner die Kosten ohne Weiteres trägt, kann ich insofern nicht nachvollziehen, weil die Stadt in meinem Fall mein Recht auf Gebührenbefreiung mit Füßen tritt.

Hat ein Bürger, der für Aufklärung der Öffentlichkeit in einem Skandalgeschehen sorgt, gegenüber der Stadt Gelsenkirchen eine gering geschätztere Position als eine Kommunalpolitikerin? Warum misst die Stadt Gelsenkirchen mit zweierlei Maß, wenn es um die verfahrensbegleitenden Kosten geht? Sollten engagierte Bürger nicht besser oder mindestens gleich gestellt werden, wie Kommunalpolitiker, die über ihr Stadtverordnetenbudget eher derartige Kosten übernehmen könnten, stattdessen aber offensichtlich von der Stadt schlechter gestellt werden!?!