Gelsenkirchen. Aus der Politik gibt es erste Reaktionen auf die Entscheidung von Stadträtin Annette Berg, OB Frank Baranowski und des Verwaltungsvorstandes dem Rat – und damit der SPD-Mehrheitsfraktion – Herrn Wolfgang Schreck als neuen Referatsleiter des Jugendamts zur Wahl vorzuschlagen.
Wenn es bei den Stimmen unter anderem heißt, es handele sich um das Publikmachen von Informationen „aus dem nichtöffentlichen Teil der kommenden Ratssitzung“ (WIN-Ratsfraktion¹), so ist gegen diesen Kritikpunkt einzuwenden, dass die Öffentlichkeit in NRW durch die Gemeindeordnung einen Rechtsanspruch darauf hat, über Tagesordnungspunkte auch von nichtöffentlichen Sitzungen im Wesentlichen informiert zu werden. Die Information der Öffentlichkeit, dass Wolfgang Schreck zur Wahl vorgeschlagen wird, geht demnach meines Erachtens konform mit der Gemeindeordnung NRW.
Art und Weise der Unterrichtung der Öffentlichkeit
Die Art und Weise der Unterrichtung der „Öffentlichkeit in geeigneter Weise“ ( § 48 Abs. 2 GO NRW) sollte nach den Grundsätzen einer ordentlichen Gemeindeführung im Wege einer offiziellen Pressemitteilung erfolgen. Das ist geschehen. Die Pressemitteilung stammt vom 18. November 2016.
Fehlendes vertrauensvolles politisches Handeln
Trotzdem wird von der WIN-Fraktion fehlende Klarheit und Transparenz, verbunden mit wenig vertrauenswürdigem Handeln, wie folgt kritisiert:
Weitergehend „zeigt sich die WIN Ratsfraktion entsetzt über diesen mehr als unsensiblen Verwaltungsvorgang. Noch bei der Vorstellungsrunde der neuen Dezernentin Frau Berg bestätigte diese, dass man auf jeden Fall eine externe neue Jugendamtsleitung suchen und auch finden würde. Nun, erst ein paar Wochen nach diesem Treffen zeigt sich, alles gelogen. Die Verwaltung scheint keinerlei Interesse daran zu haben, den Skandal komplett aufzuarbeiten und viel schlimmer, sie begeht Wortbruch. Daneben leistet die Verwaltung Parteien wie der AfD damit einen Bärendienst, da sich viele Bürgerinnen und Bürger wieder in ihrer Meinung bestätigt fühlen, der etablierten Politik sei nicht zu trauen. Die WIN Ratsfraktion wird in der kommenden Ratssitzung gegen die Ernennung von Dr. Schreck zum neuen Leiter des Referats Erziehung und Bildung stimmen.“ ¹
Struktur-funktionalistische Modelle der Soziologie und moderne Korruptionsforschung
Nach Smelser sind die soziologischen Methoden geeignet jede Form gesellschaftlichen Handelns zu bewerten. „Letztlich kann Korruption nicht als Manifestierung von unnatürlichen und niedrigen Motiven, sondern von Motiven, die sich in eher akzeptablen alltäglichen Handlungen widerspiegeln, begriffen werden.“, lautet sein dritter Leitsatz.
Diese wissenschaftliche Herangehensweise an Fragen der Struktur und Funktion von Gesellschaften, ist durchaus geeignet die erklärtermaßen berechtigte Kritik gegenüber fehlendem Vertrauen in politisches Agieren, das zurzeit den roten Faden in unserer postfaktischen Zeit (Merkel) darstellt, zu verstehen.
Andererseits hat sich seit der Postulation dieser These im Jahr 1971 in der wissenschaftlichen Forschung Einiges geändert. Aktuell würde ich in diesem Zusammenhang thematisch eher auf den derzeitigen Stand der Forschung zur „Korruptionsprävention in Behörden“ (Bücker-Gärtner) und die Frage von Compliance-Management und Reputationsverlust (Schaupensteiner) verweisen.
Auf letzteren Aspekt verweist die WIN-Fraktion mit ihrer Kritik, wenn sie von „Wortbruch“ und Vertrauensbruch gegenüber der etablierten Politik spricht; was näher darzulegen und zu beweisen wäre. Denn der Reputationsverlust, den die Stadt Gelsenkirchen und das Jugendamt erlitten haben, hat – wie der Fall Pia Steinrücke verdeutlichen könnte – die Probleme nicht kleiner gemacht.
Eine Aufarbeitung dessen steht noch aus und wird von der WIN-Ratsfraktion in der Kürze ihrer Kritik, die sie nicht einmal auf ihrer offiziellen Website – auch nicht auf ihrer WIN-Facebookseite – veröffentlicht hat, dann auch nur vage und allenfalls im Entferntesten angerissen.
Zwischenfazit
Ein entschlossenes Fordern von Klarheit und Transparenz sieht irgendwie anderes aus. Die Ratssitzung sollte ein Aufarbeiten dieser Aspekte im öffentlichen Teil der Sitzung ermöglichen. Denn Korruptionsprävention geht nicht ohne Beteiligung der Öffentlichkeit, wie Experten wissen.
Die vier Bereiche der Aufmerksamkeit
Mein Fazit
Quelle:
¹ auf Facebook in einem Kommentar zur Meldung von REL