Teil 1 – Strukturelle Korruption: Moralische Korruption und gesellschaftliche Integrität gegen das Kindeswohl?!

St. Josef-Heim: Steigende Auslastung ab 1998

Gelsenkirchen/Hof. Bei der derzeitigen Frage, wer was gewußt hat, war Hr. Weingarten als Verhandlungsführer für die St. Augustinus Heime GmbH bei den jährlichen Entgeltvereinbarungen für das St. Josef Kinderheim, im Aufklärungsausschuss so ehrlich zu sagen, er habe nicht gewußt, dass das Handeln rechtswidrig sei, weil die Verhandler – zumal Hr. Wissmann – vom Jugendamt gesagt haben, es interessiere nicht, was das Landesjugendamt denke (dass die Überbelegung gemeldet werden müsse, wenn sie systematisch erfolge, um dem Heim und seinem Träger Erträge zu erwirtschaften). Das St. Josef Heim war im Jahr 1997 mit nur 70 % Auslastung auf einem wirtschaftlichem Tiefpunkt.

Unter den vielen Publikationen im Bereich Korruption, gibt es nur wenige im Bereich öffentlicher Verwaltung und Sozialwesen.

Häufig wird Korruption aus wirtschaftlicher Not heraus initiiert.

Prof. Dr. Stark hat in Hof ein Institut für Korruptionsprävention (IfKp). Bis 2013 war er Professor für den Fachbereich Polizei der FhöV NRW in Gelsenkirchen. Prof. Dr. Gourmelon, FHVR Gelsenkirchen ist im IfKp Mitglied. Er doziert auch am 05.11.2015 bei der diesjährigen Tagung der Anti-Korruptionsbeauftragten.

Prof. Stark hat sich auf den öffentlichen Bereich spezialisiert. Seine beiden Bücher zu dem Thema sind:

  • Stark, Carsten/Völkel, Klaus/Chwoyka, Rainer (2011): Korruption im öffentlichen Dienst. Delikte – Prävention – Strafverfolgung, BoD: Norderstedt, 2. Auflage
  • Stark, Carsten/Lahusen, Christian (2010): Korruption und neue Staatlichkeit. Perspektiven sozialwissenschaftlicher Korruptionsforschung, Reihe Verwaltungssoziologie, Band 2, BoD: Norderstedt
Gespräche im Hinterzimmer können auch so laufen.

Nun kann ich derzeit nicht erkennen, dass die beiden Experten für die Stadt Gelsenkirchen irgendeinen positiven Einfluss in der Form hinterlassen haben, den die Verwaltung vor Korruption besonders gefeit hätte. Das mag daran liegen, dass die „mikropolitischen Spiele“ dazu führen, dass „bei der moralischen Korruption die Akteure korrupt handeln, weil sie es für richtig halten“.

Und es liegt sicher auch an der zweifachen Unsichtbarkeit. Korruption weist eine Art „zweifache Unsichtbarkeit“ auf. Sie sucht die Normverletzung, also die Unrechtsvereinbarung nach dem Vier-Augen-Prinzip, gegen Aufdeckung zu schützen, und ist darüber hinaus ein anscheinend opferloses Delikt.

Diese Ansicht herrschte zumindest bis Freitag, 25.09.2015 auch in Gelsenkirchen vor.

Seitdem kämpfen die Akteure über Gegendarstellungen in der WAZ um ihre innere Integrität zur Wiederherstellung eines „innergesellschaftlichen Ereignisses“, der Vorstellung, der eigentliche „Regel- und Wertebruch sei die Missachtung einer persönlichen Vertrauensverpflichtung gegenüber dem sozialen Gegenüber“. Die Zerstörung der „alltagsmythischen Illusion, Gesellschaft sei Gemeinschaft“ mündet in einem affektiven, irrationalen Überschuss an Empörung.“

Wie gesagt: Das ist nur ein Erklärungsansatz und nur ein Versuch das Unvorstellbare, das Unmoralische erklärbar zu machen. Mit den Erkenntnissen der Korruptionslehren ist es mit Prof. Stark möglich zu erklären, warum sich korrupte Systeme etablieren können, auch wenn die Amtsträger sich als integer darstellen. Das hat im Konkreten nicht unerheblich damit zu tun, wie die Stadt und das Jugendamt in den letzten Jahren am Imagegewinn des selben gearbeitet haben.

Ein Gedanke zu “Teil 1 – Strukturelle Korruption: Moralische Korruption und gesellschaftliche Integrität gegen das Kindeswohl?!

  1. „Gibt es in der Stadtverwaltung und den beteiligten Sozialverbänden überhaupt Strukturen, die zur wirksamen Verhinderung korrupten Verhaltens – auch von Leitungskräften – geeignet sind?“

    Hallo Michel, den zweiten Teil deines Kommentars habe ich mal weggelassen, weil da viel Spekulation drinsteckt. Die Eingangsfrage finde ich aber sehr gut. Sie ist quasi die Arbeitsbasis, die sich nach dem Entdecken des Jugendamtskandals eigentlich aufklären und anpassen lassen sollte.

    Meine diesbezügliche Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz an die Stadt Gelsenkirchen wird hoffentlich bald eine Antwort bringen. Ich werde dann weiter berichten, wie die Stadt sich Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Konkreten vorstellt.

    Was die beteiligten Träger an der Daseinsvorsorge in der Stadt angeht, sollte nach der geltenden Gesetzeslage die gleiche Verpflichtung wie für den städtischen Auftraggeber gelten, der dies auch gewährleisten muss. Man wird sehen, wie umfangreich die Antwort sein wird. Dann kann noch konkreter nachgefragt werden. Dabei darf nicht vergessen werden, das der AFJH als Aufklärungsausschuss genau dies am Ende seiner Untersuchungen dem OB vorschlagen soll. Was ist zu tun? Da die SPD die Mehrheit im AFJH hat, wird das Ergebnis sehr mau ausfallen. Daher ist es wichtig, den Druck auf die Verwaltung über eine gute Information der Öffentlichkeit zu erhöhen. In diesem Sinne einer transparenten Offenlegung bedanke ich mich für deinen Beitrag.

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